Die Parameter für thermischen Komfort sind schon seit geraumer Zeit bekannt: Neben der Innenlufttemperatur zwischen 20 und 26 °C ist auch die Temperatur der raumabschließenden Flächen von Bedeutung, die nur geringfügig (max 4 K) abweichen sollte. In erster Linie sind hier die Wärmespeicherfähigkeit der Bauteile, die Bauteildicke und gute Wärmedämmung an der Außenseite verantwortlich. Während für den Winter bereits ein detailliertes Güteklassensystem in Form des Heizwärmebedarfs existiert, ist dies für den Sommer auch durchaus sinnvoll. Martin Teibinger: „Der Vorschlag zur Ergänzung der ÖNORM B 8110-3 berücksichtigt neben der ‚speicherwirksamen Masse’ auch im stärkeren Maße die Faktoren ‚externe Lasten’ und ‚Lüftung’. Das Fenster stellt den ‚Heizkörper’ für den Sommer und die richtig gesteuerte Beschattung das Thermostat dar.“
Periodisches Verfahren
Die bestehende ÖNORM B 8110-3 aus dem Jahr 1999 bietet als Planungsgrundlage bereits thermische Gebäudesimulation und einen vereinfachten rechnerischen Nachweis der Vermeidung sommerlicher Überwärmung über die mindesterforderliche speicherwirksame Masse an. Hierzu werden die mindesterforderliche speicherwirksame Masse und der Luftvolumenstrom auf die Immissionsflächen bezogen. Schon hier ist vorgegeben, dass das komfortable Raumklima im Wohnungsbau ohne zusätzliche Klimatisierung erreicht werden muss. Der vereinfachte rechnerische Nachweis ist ausschließlich für Gebäude mit Wohnungsnutzung mit Fensterlüftung durch vollständig geöffnete Fenster möglich, welche in einer Region mit einem maximalen Tagesmittelwert der Außentemperatur (NAT13) ? 23 °C möglich ist. Für davon abweichende Gebäude und zum Nachweis der Güteklassen kann die operative (empfundene) Raumtemperatur nach dem sogenannten periodischen Verfahren errechnet werden. Tomas Bednar von der TU Wien hat hierzu ein Berechnungstool für die Normung bzw. Lehre erarbeitet.
Um die externen Lasten zu minimieren, erhalten die Fenster eine Schlüsselrolle. Orientierung und Größe der Fensterflächen, die Energiedurchlässigkeit der Glasflächen und deren Beschattungsmöglichkeit wurden in einer Variantenstudie beleuchtet. Weiters entscheidend sind Farbgebung und Bauweise der Außenhülle, das Wärmespeichervermögen der Außenbauteile, sowie der Abstand und die Bauweise benachbarter Bauten.
Auch bei kontrollierter Wohnraumlüftung ist im Sommer eine gezielte Nachtlüftung über die Fenster notwendig, um die Wärmeabfuhr zu gewährleisten. Im städtischen Raum sind hier allerdings die klassischen Hindernisse einzukalkulieren, nämlich Lärmschutz (Nachtlärm ? 45 dB), Einbruchschutz und Schutz vor Witterungseinflüssen. Die Möglichkeit einer Fensterlüftung ist aus diesen Gründen im Vorfeld in der Planung zu berücksichtigen.
Güteklassen
Zum Nachweis des periodischen Verfahrens wurden drei Güteklassen definiert, die sich am bekannten Energieausweisschema orientieren. Diese reicht von B (sommertauglich / Normanforderung erfüllt) über A (gut sommertauglich / Außentemperatur + 1,5 K) bis A+ (sehr gut sommertauglich / Außentemperatur + 3 K).
Detaillierte Variantenstudie
In einer Wohnraum-Variantenstudie wurden unterschiedliche Bauweisen (Holzrahmenbauweise, Holzmassivbauweise und Ziegelbauweise), Standards (Niedrigenergiebauweise und Passivbauweise mit Lüftungsanlage) und Beschattungen gegenübergestellt. Die Details können dem Tagungsband zum Fenster-Türen-Treff der HFA entnommen werden. Der maximale Unterschied der ermittelten operativen Raumtemperatur zwischen den Bauweisen beträgt 1 K. In der Berechnung zeigt die Verwendung von Zellulose als Dämmstoff einen geringen Einfluss auf die Temperatur. Die Holzmassivbauweise liegt um 0,3 K über der Ziegelbauweise. Teibingers Fazit: „Güteklassen von A oder A+ sind erreichbar. Schlüsselrollen haben dabei eine effiziente Außenbeschattung und die Möglichkeit der Nachtlüftung, auch im Passivhaus.“ Während beim Holzbau erwartungsgemäß die oberste Priorität auf der Beschattung liegt, sind Bauten mit großer speicherwirksamer Masse besonders auf eine funktionierende Nachtlüftung zur Wärmeabfuhr angewiesen.
Laufende Forschung
Das laufende TIMBER-Projekt der HFA, welches unlängst durch das neue Forschungshaus bereichert wurde, beschäftigt sich auch weiter mit dem Thema Sommerkomfort. So wird etwa der Einfluss von Holzrahmen- und Holzmassivbauweisen mit unterschiedlichen Dämmstoffen, Beplankungen und Fassaden (solarer Absorptionskoeffizient) auf die Phasenverschiebung unter die Lupe genommen. Außerdem werden neue Verglasungen (z.B. GLASSXristall PCM-Verglasung) auf die thermische Behaglichkeit hin untersucht, genauso wie der Einfluss unterschiedlicher Klimata auf den Energiebedarf verschiedener Holzbauweisen.
David Scheurich
Foto: Mayerhofer Beschattung
Herausforderung „Sommerkomfort“
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Sommerliche Überwärmung ist nicht nur aufgrund der Jahreszeit ein heißes Thema. Martin Teibinger von der Holzforschung Austria gab auf dem Fenster-Türen-Treff einen Einblick in ein periodisches Verfahren zur Ergänzung der bestehenden ÖNORM.