Das vergangene Jahr setzt sich gerade fort – zumindest was die schleichende Teuerung betrifft. Falsch: Es ist gar keine schleichende Inflation, es sind zum Teil sprunghafte Erhöhungen, die in der Bauwirtschaft langsam zur Gewohnheit werden.
Brettsperrholz, KVH, Brettschichtholz und viele andere Materialien galoppieren preislich dahin, die Nachfrage ist groß, das Angebot überschaubar. Was der Industrie blendende Gewinne beschert, bringt allerdings manchen Holzbaumeister an den Rand der Verzweiflung.
Mit dem Ukraine-Krieg verschärft sich die Lage: Nach Borkenkäfer und Omikron jetzt noch das Drama vor der Haustür. Wer auf zertifizierte Ware angewiesen ist, kann nicht mehr auf Lieferungen aus den beteiligten Ländern hoffen. Denn während in der Ukraine gerade die ganze Wirtschaft unter russischem Beschuss zusammenzubrechen droht, ist russisches Holz mittlerweile „Konfliktholz“ und wird daher weder von PEFC noch von FSC zertifiziert.
„Die Entwicklung der Holzpreise hat uns veranlasst, Lösungen zu suchen, die die massiven Verteuerungen abfangen.“
Juniorchef Mathias Kaufmann
Die Preise steigen und ein Ausweg wird gesucht. Das führt nun dazu, dass Holzbaumeister die Industrieware Holz einhegen möchten. Sprich: Sie versuchen, weniger Holz zu verbauen. Einer, der das besonders ins Auge gefasst hat, ist der Vorarlberger Betrieb Kaufmann. Bekannt bereits für die pionierhafte Verwendung von Brettsperrholz im modularen, auch mehrgeschossigen Holzbau, hat die Zimmerei Kaufmann in Reuthe bereits frühzeitig reagiert: Nun ist ein großes Projekt im Rahmenbau in Arbeit.
Entstehen soll ein Pflegeheim im vorarlbergerischen Kloster Gaißau, betrieben von der Stiftung Liebenau. Das Holz für den Bau entstammt dabei den stiftungseigenen Wäldern im Allgäu, wie die Stiftung unterstreicht. Das Gebäude soll in bewährter Bauweise, nämlich im Boxensystem, errichtet werden – aber eben in Rahmenbauweise.
Rahmenbau rückt wieder mehr in den Fokus. Die Zimmerei Kaufmann in Reuthe hat ein erstes Großprojekt in Arbeit. Foto: Kaufmann/ORF-Vorarlberg
42 Boxen in Rahmenbauweise
„Die Arbeiten an der Innenausstattung stehen vor dem Abschluss, wir bereiten die 42 Boxen für das Projekt in Gaißau in den kommenden Tagen für den Transport vor und werden sie termingerecht auf den Weg bringen“, erläuterte Juniorchef Mathias Kaufmann Anfang März bei einem Lokalaugenschein mit den Vorarlberger Nachrichten in der großen Werkhalle der Zimmerei in Reuthe. Nur noch wenige Maler:innen, Installateur:innen und andere Handwerker:innen seien damit beschäftigt, letzte Arbeiten zu erledigen.
„Die Entwicklung der Holzpreise hat uns veranlasst, Lösungen zu suchen, die die massiven Verteuerungen abfangen. Im Fall Gaißau kam uns der Umstand zugute, dass der Bauträger, die Stiftung Liebenau, Waldbesitzer ist. Warum nicht Holz aus diesen Waldungen verarbeiten, haben wir uns gefragt, und nachdem unser Partner von dieser Idee begeistert war, stand dieser Lösung nichts mehr im Weg.“
Günstig und mit regionaler Wertschöpfung
Es sei das auch ein weiterer großer Schritt zu noch mehr Regionalität, denn bisher wurde das Rohprodukt Holz teilweise aus industrieller Produktion zugekauft. Mathias Kaufmann: „Jetzt beziehen wir regionales Rundholz, lassen es in einem heimischen Betrieb – Steurer in Schwarzach – sägen und sorgen so dafür, dass Wertschöpfung im Land bleibt.“
Es sei damit gelungen, „mit wenig Holz viel Haus zu bauen“, so der Holz-Baumeister Johannes Kaufmann in einem Interview mit dem ORF. Eine Neuerung, denn bisher habe man nur Arbeitszeit, nicht aber Material eingespart.
Statt BSP setzt Kaufmann bei Böden und Decken auf Dübelverbindungen, bei Wänden auf Holzrahmenbau. Holz werde nur dort verwendet, wo es statisch gebraucht werde. Die Zwischenräume füllt die Zimmerei mit Dämm-Material, Gipsfaserplatten oder Biofaser-Holzlatten kommen zum Einsatz: Zimmermannstechnik statt industriell gefertigten Platten sozusagen.
Bericht im ORF
Bericht in den Vorarlberger Nachrichten
(hst)