Wie steht die Holzindustrie als Arbeitgeberin aus Sicht der Arbeitnehmer:innen da? Im Interview mit Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der Österreichischen Gewerkschaft Bau-Holz.

„Die Beschäftigten digital fitter zu machen, für das Arbeiten mit Robotik und künstlicher Intelligenz zu schulen, wäre höchst an der Zeit“, sagt Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der Österreichischen Gewerkschaft Bau-Holz. Foto: GBH-Presse

holzmagazin: Herr Muchitsch, zu Beginn: Wie sehen Sie die derzeitige Situation am Arbeitsmarkt in der Holzindustrie?

Josef Muchitsch: Angespannt. Die Branchen der Holzindustrie suchen nach unserer Kenntnis nahezu im ganzen Bundesgebiet ständig nach Arbeitskräften und Facharbeiter:innen. Besonders attraktiv scheint man nicht zu sein – mit Ausnahme einzelner erfolgreicher Betriebe. In den letzten Jahren haben wir auch verstärkt hohe Fluktuation von Beschäftigten und Abwanderung in andere Branchen bemerkt.

Wie steht die Branche aus Sicht der Gewerkschaft im Vergleich zu anderen Branchen da?

Die „kollektivvertraglichen Mindestlöhne“ der Branche liegen im unteren Drittel aller Industriesektoren in Österreich. Den Vergleich mit anderen Branchen kann dieser Sektor daher nur mit erheblichen Überzahlungen bestehen, je nach Branche bis zu 35 bis 50 %.

Macht sich der Fachkräftemangel auch in der Holzwirtschaft bemerkbar? Können Sie Beispiele aus der Praxis nennen?

Keine konkreten, dazu müssten wir betriebsinterne Informationen weitergeben, die wir im Rahmen der Beratung unserer Betriebsrät:innen erfahren haben. Aber ja, es gibt Erzählungen, dass Aufträge nicht angenommen oder mit Pönalen zu spät abgeliefert oder unter Druck „fehlerhaft“ produziert wurden, weil zu wenig Personal zur Verfügung stand.

Die wirtschaftlichen Kennzahlen der letzten Jahre waren stets gut. Hat sich das Wachstum in besseren Bedingungen für die Arbeitnehmer:innen niedergeschlagen?

Die „kollektivvertragliche“ Arbeitszeit ist de facto in den letzten zehn Jahren unverändert geblieben. Ständige Versuche der Gewerkschaft en, Arbeitszeit generell und insgesamt zu verkürzen, scheiterten an der vehementen Blockade der Vertretung der Unternehmer:innen. Diese wären nur mittels eines Arbeitskampfes durchzusetzen gewesen, wofür aber auch auf Seite der Gewerkschaften keine Mehrheit gefunden werden konnte.

Worauf hat sich die Gewerkschaft dann konzentriert?

Der Schwerpunkt unserer Arbeit lag zuletzt auf der Entwicklung der Mindestlöhne und beim sonstigen Rahmenrecht. Insbesondere im Jahr 2023 konnte ein großer Schritt bei der Entwicklung des Mindestlohns in Richtung 2.300 € erreicht werden. Auch zusätzliche Freizeittage konnten unter Fortzahlung des Entgelts geschaffen werden.

Wie kann sich die Holzindustrie in der neuen Arbeitswelt in Zukunft beweisen?

Die Jobs müssen insgesamt im Rahmen einer New-Work-Strategie attraktiver werden. Ein paar Goodies reichen da nicht, denn das machen alle anderen Branchen auch. Der Kollektivvertrag ist das Werkzeug schlechthin, um für eine ganze Branche Verbesserungen zu entwickeln und dabei faire Wettbewerbsvoraussetzungen zu gewährleisten.

Wo gilt es aus Ihrer Sicht noch anzusetzen neben dem Kollektivvertrag?

Aus- und Weiterbildung von Beschäftigten wäre sehr ratsam. Wir sind unserer Meinung nach nicht mehr weit von einem größeren Technologiesprung entfernt. Die Beschäftigten digital fitter zu machen, für das Arbeiten mit Robotik und künstlicher Intelligenz zu schulen, wäre höchst an der Zeit. Hier geschieht kaum etwas in Österreich, nicht nur in der Holzbranche. Branchen, die diese Entwicklung nicht rechtzeitig mitbegleiten, werden überbleiben. Nicht nur am Arbeitsmarkt, sie werden vom gesamten Markt verschwinden.

Was lässt sich vielleicht hinsichtlich Überstunden verändern?

Im Moment wenig. Man muss attestieren, dass Überstunden für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen leider noch gleichermaßen attraktiv sind. Wir liegen in Österreich unter den Top-3-Nationen bei der Realarbeitszeit. Da darf man auch als Gewerkschaft nicht wirklich „hingreifen“. Hoffnung auf sozial und gesundheitlich verträglichere Realarbeitszeiten setzen wir jedoch in den Willen künftiger Generationen für eine gute Work-Life-Balance.

Interview: Adrian Engel

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