holzmagazin: Lisa Hinderdael, Sofia Hagen, wie weit ist die Technologie des 3D-Drucks mit Holz denn schon fortgeschritten?
Lisa Hinderdael: 3D-Druck mit holzbasierten Filamenten gibt es schon seit über zehn Jahren. Die neueste Technologie, mit der wir arbeiten, weicht jedoch insofern von den traditionellen Methoden ab, als sie als erste ihrer Art Sägespäne von Baustellen als Rohmaterial verwendet und diese mit Lignin aus dem Baumsaft verbindet. Das ist der aktuelle Stand der Technik.
Wie wurden denn bisher 3D-Drucke aus Holz hergestellt?
Sofia Hagen: Bisher wurden hauptsächlich Filamente verwendet, die auf Kunststoffbindemittel wie PLA setzen. Das ist heute noch die gängige Wahl für den Druck, da das Filament auf den meisten Druckern für Zuhause verwendet werden kann – so erreicht man schnelles Prototyping mit einer holzähnlichen Ästhetik. Wir verwenden jetzt jedoch eine Jetbinder-Technologie, die ohne künstliche Bindemittel auskommt. So bleibt der Druck vollständig organisch und kann für künftige Drucke recycelt werden. Das Ergebnis ist abfallfrei und besteht zu 100 % aus Holz.
Welche Objekte druckt Ihr Unternehmen denn mit dieser Technologie?
LH: Im Moment setzen wir die Jetbinder-Technologie in drei Anwendungen ein: dekorative Beleuchtung, Schalen für Accessoires und Schmuck. Die Idee, dekorativen Beleuchtung herzustellen, hatten wir beim Experimentieren. Wir wollten die Grenzen der Technologie erweitern, um Cocoon zu realisieren – die weltweit erste 3D-gedruckte Sägemehlleuchte. Dazu mussten wir Lösungen für komplexe Klebeanwendungen zwischen den Teilen finden, ein CNC-Gehäuse für die Leuchte integrieren und eine dünne Wand herstellen, um optimale Lichtverteilung und Leistung zu gewährleisten.
Welche Produkte stellen Sie noch her?
SH: Unser zweites Projekt waren die Swivel Bowls – Accessoires für Zuhause in Walnuss- oder naturgefärbter Ausführung. Das dritte Objekt ist für Cocoon.N – eine Hommage an die Skalierbarkeit der Technologie, die zeigt, wie sehr wir die Sägemehl-Technologie in einem kleinen Maßstab innerhalb einer Halskette verfeinern konnten. Jedes dieser Objekte ist Teil unserer größeren Kollektion, in der wir uns darauf konzentrieren, recycelte Materialien mit traditioneller Handwerkskunst und Spitzentechnologie zu verbinden.
Fotos: Anders Gramer, HagenHinderdael
Wie robust sind denn Holzobjekte aus dem 3D-Drucker?
LH: Die Objekte bestehen zu 100 % aus Holz und sind damit genauso haltbar wie traditionell gefertigte Stücke. Außerdem können sie zur Imprägnierung nachbehandelt und von Hand gebeizt werden, so dass sie mit jeder vorhandenen Holzoberfläche übereinstimmen. Damit ergeben sich unendlich viele Möglichkeiten für die Drucke. Der wahre Vorteil liegt aber in den anspruchsvollen Formen, die mit traditioneller Holzbearbeitung nicht erreicht werden können – von eher organischen Formen mit großen Hohlräumen bis hin zu komplexen 3D-gedruckten Geometrien.
Erklären Sie doch noch ein wenig die Jetbinder-Technologie: Wie funktioniert sie im Detail?
SH: Das Verfahren ist in Zusammenarbeit mit dem MIT entstanden. Mit dem Jetbinding-Verfahren schiebt der Drucker das erstellte Design Schicht für Schicht über ein angepasstes Bett. Das Bett ist ein fein perforiertes Metallblech, das es dem Drucker ermöglicht, eine Schicht aus Baumsaft in eine Richtung zu schieben und dann Sägespäne zurückzuschieben, die dabei gebunden werden – so entsteht ein großer Block aus Sägespänen, der dann über Nacht in einer Aushärtungsmaschine aushärtet. Alle Sägespäne, die nicht gebunden wurden, fallen ab und werden schließlich mit Airbrush bearbeitet, um die endgültige Form zu erhalten. Das Endergebnis ist ein 3D-Druck, der zu 100 % aus Holz besteht. Und statt der „Linien“, die man bei herkömmlichen additiven Fertigungsverfahren auf dem Druck sieht, ist die Oberfläche glatt.
Zum Abschluss: Wie lautet Ihre Zukunftsprognose? Welche Entwicklungen wird 3D-Druck aus Holz bringen?
LH: Die Jetbinder-Technologie ermöglicht uns jetzt schon, Objekte aus Holz zu schaffen, die mit bloßem Auge nicht so aussehen, als seien sie 3D-gedruckt. Man kann also organische Formen und Strukturen schaffen, die in der traditionellen Holzbearbeitung nicht möglich sind – in diese Richtung wird der Trend auch weitergehen. Unsere Cocoon-Leuchte zum hat eine 10 mm dicke Wand mit einem vollständig hohlen Innenraum, der ein OLED-Licht beherbergt und es über die natürliche Oberfläche bricht. Indem wir diese Technologie weiter vorantreiben, können wir uns vorstellen, dass sie auch in anderen Anwendungen und in multidisziplinären Industriezweigen zum Einsatz kommt. Etwa in der Innenausstattung von Autos und Flugzeugen, bei der Gestaltung von Wänden im Gastgewerbe oder in Wohnungen, bei Kunstinstallationen und vielem mehr.
„Das bloße Auge sieht nicht, dass die Holzprodukte aus dem Drucker kommen.“
Fotos: Anders Gramer
(Text: Adrian Engel)