Niederösterreichs höchstgelegene Burg wurde in Holzleichtbauweise erweitert. SYNN Architekten konnten das beliebte Ausflugsziel, die Burgruine Araburg, durch ein sensibles Ensemble aufwerten und setzten gemeinsam mit der Bevölkerung einen modernen Veranstaltungsort mit bewegter Geschichte und beeindruckendem Panorama um.

Der Holzleichtbau knüpft an die Tradition ritterlicher Wohnbauten an und fügt sich in das vorhandene Erscheinungsbild der Burgruine ein.

Auf 799 m Seehöhe thront die Burgruine Araburg weithin sichtbar auf dem niederösterreichischen Araberg. Ihre Grundsteine datieren bis ins 12. Jahrhundert, laufende Erweiterungen fanden bis ins 17. Jahrhundert statt. Während der ersten Türkenbelagerung bot sie der Bevölkerung Schutz, der zweiten hielt sie nicht mehr stand und auch die Weltkriege setzte dem Mauerwerk stark zu. Dennoch blieben die eindrucksvollen Überreste bis heute bestehen und zeugen von ihrer Wehrhaftigkeit. Das beliebte Ausflugsziel nahm den Berg von Bauphase zu Bauphase immer mehr in Besitz. „Burgen sind immer über Jahrhunderte gewachsen, dazwischen teilweise verfallen oder wurden zerstört und wieder aufgebaut. Einbauten erfolgten meist in Holzbauweise und das in kubischen Formen und unterschiedlichen Höhen, die einzelnen Nutzungen ablesbar. In dieser Tradition knüpft unser Konzept als Holzleichtbau an ritterliche Wohnbauten an und fügt sich unprätentiös aber präzise in das Erscheinungsbild der Burgruine ein“, erläutert Bettina Krauk von SYNN Architekten (Wien/NÖ) den Entwurfsansatz. Die unter Denkmalschutz stehende Burgruine, deren mittelalterliche Sitznischen ebenfalls zu erhalten waren, wurden nun unter reger Teilnahme der Bevölkerung erweitert. Die leicht gestaffelten Baukörper, die den Saal in mehrere kubische Körper auflösen, ragen aus den Umfassungsmauern.

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Alte Mauern neu stärken
Sorgsam pflegte die Bevölkerung die Araburg als regionales Kulturerbe und hielt sie laufend in Stand. Als Hauptattraktion von Kaumberg und Aufführungsstätte von Laienschauspieler:innen schrieb die Gemeinde 2008 einen Wettbewerb für eine Indoor-Bühne aus, die den Hang sichern und das Burgstüberl integrieren sollte. Ziel war die sanfte Überführung der touristischen Nutzung in die heutige Zeit, die Anpassung der in die Jahre gekommenen Infrastruktur und die Stärkung als Veranstaltungsort durch eine Schlechtwetter-Ausweichstelle.

Die große Herausforderung bestand darin, ein neues Gebäude zu integrieren und gleichzeitig die alten Mauern zu respektieren und stärken. „Die Mischung aus Alt und Neu erzeugt ein atmosphärisches Ganzes, etwa durch die Bewahrung der mittelalterlichen Sitznischen. Aus den Flachdächern von Burgstüberl und Saal formten wir eine neue Terrassenlandschaft als Ort zum Verweilen, von dem das unverwechselbare Panorama rund um die Araburg genossen werden kann“, erzählt Bettina Krauk.

Aufgrund der denkmalgeschützten Sitznischen muss der Bühnenboden um 1,20 m tiefer liegen. SYNN Architekten führten ein Plateau in der Mitte ein, das 60 cm über der Bühne liegt, im Saal unterschiedliche Zonen schafft und die Sicht verbessert. Als höchstes Element bildet der Bühnenturm den Abschluss des Zubaus, während sich die Decke über der Mittelzone an der Kante der Burgmauer orientiert.

Gemeinsam in die Hände gespuckt
Auch wirtschaftlich gestaltete sich das Projekt herausfordernd. Das Budget der Gemeinde war minimal, dafür die Eigenleistung der Bevölkerung umso größer. Das Projekt musste so konzipiert werden, dass es den architektonischen Anforderungen entsprach und gleichzeitig in Aufwand und Details von Laien umgesetzt werden konnte. Dazu kam, dass die schlechte Gesamtwirtschaftslage das Projekt nach der ersten Bauphase stoppte. Erst 2019 konnte mit dem Holzbau gestartet werden.
Bei der Wahl der Materialien musste man sich nach der einzigen zur Burg führenden Forststraße richten. Das statische System wurde darauf abgestimmt, wie und mit welchem Kran die Leimträger dort versetzt werden können. Das dafür benötigte Fichtenholz wurde vom Grundstückseigentümer, dem Stift Lilienfeld, aus dem umliegenden Wald gespendet. Nur so konnte die Pfosten-Riegel-Konstruktion mit Holzleimbindern für die tragenden Decken realisiert werden. Etwa 70 Freiwillige halfen beim Bau und zehn Vorstellungen wurden zugunsten des neuen Saals gegeben. Da der Saal sehr beliebt ist und gut funktioniert wurde letztendlich die bestehende Open-Air-Bühne abgebaut.

„Schwierig war die Gestaltung des Auflagerbereichs auf den bestehenden Mauern. Wir wollten die bestehenden Mauern als Auflager nutzen, um nicht Stützen vor die Wand stellen zu müssen, es sollte die Mauer aber auch nicht zerstört oder beschädigt werden und das Denkmalamt hat sich eine Auflagersituation gewünscht, die nicht von außen sichtbar ist“, erklären SYNN architekten. Nun liegen die Hauptträger ausgeklinkt auf einem kleinen Betonrost auf der Bestandsmauer und auf der anderen Seite auf der Holzaußenwand auf. „Auf diesen Trägern ist dann die Laterne mit den Oberlichtfenstern aufgesetzt, sie werden also doppelt geschickt genutzt.“

 

„Unser Konzept als Holzleichtbau knüpft an die Tradition ritterlicher Wohnbauten an und fügt sich unprätentiös aber präzise in das Erscheinungsbild der Burgruine ein.“ – Bettina Krauk, SYNN Architekten 

 

Kubaturen, die Sinn machen
Über das Tor am Westhang betritt man den ersten Burghof, ursprünglich wahrscheinlich der Bereich für die Stallungen, wo sich das Burgstüberl befindet. Im Untergeschoß sind die Toilettenanlagen, Lagerräume und Umkleidebereiche für die Schauspieler:innen untergebracht. Ans Burgstüberl fügt sich der neue Saal so an, dass er die Burgsilhouette weder von der Ferne, noch beim Aufstieg stört. „Vom bestehenden Eingang aus betrachtet wachsen die Baukörper Richtung Osten – der höchste beinhaltet den Schnürboden über der Bühne und leitet in der Höhenentwicklung auf diese Weise zum Torturm, einem der markantesten Gebäude der Burg, über.“ Der von außen kaum erkennbare Eingriff zeigt sich beim Betreten einladend, offen und transparent. Unterschiedliche Nutzungsvarianten ergeben sich durch die verschiedenen Niveaus und die Einbindung des Cafés in den Gesamtraum, unterstützt durch die beiden Eingänge und Verbindungen ins Untergeschoß. Die unterschiedlichen Höhen der Saalkuben trennen die Terrasse in gemütliche Sitzbereiche. Von hier kann man über die Oberlichtfenster in den Saal schauen. Im Inneren schaffen die Vor- und Rücksprünge zusammen mit der Höhenentwicklung gute akustische Verhältnisse.

Die Geduld der Planer:innen hat sich also bewährt: Auch wenn die Umsetzung über zehn Jahre gedauert hat, ging der Enthusiasmus der Bevölkerung nicht verloren und die Besucher:innen sind begeistert. Nun hat die Burg ihre Tore geöffnet und schreibt ihre Geschichte weiter.

Foto: Hertha Hurnaus
Text: Marlies Forenbacher

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